In den letzten Jahren wurden bei uns enorm
viele Hecken und Bäume gerodet, radikal beschnitten und gefällt.
Für manche ist die Landschaft nun sauberer und ordentlich, sind
Hecken eher „Gestrüpp“ oder bloß eine „olle
Hecke“, die eigentlich immer im Weg ist und deshalb „weg
muss“. Wozu soll man sie auch erhalten?

Tatsächlich sind Hecken ein eigener
Kosmos, eine Oase für viele Arten. Jede verschwundene Hecke, jeder
gefällte alte Baum ist ein Schlag gegen die Artenvielfalt. Und
es ist ein Schlag gegen die Schönheit unserer Heimat, die damit
leerer und austauschbarer wird.
Haben Sie gewusst, dass
* Hecken über 1.000 Arten beherbergen können?
* in einer 100 Meter langen Hecke etwa 150 Falterarten, 80 Schwebfliegenarten
und 30 verschiedene Florfliegenarten vorkommen können?
* die Larven der Florfliege wahre Blattlauskiller sind? 500 Blattläuse
vertilgt so eine Larve in
den 2-3 Wochen bevor sie sich verpuppt.
* in heckenreichen Landschaften Bienen höhere Honigerträge
erbringen und landwirtschaftliche Nutzpflanzen besser bestäubt
werden?
* in Hecken mehr als 15 Vogelarten nisten und weitere etwa 30 Arten
Nahrung und Schutz finden (z.B. Rebhuhn, Turmfalke etc.)?
* die Breite und Höhe der Hecke entscheidend ist? Je breiter und
dichter eine Hecke ist, desto mehr Schutz bietet sie den Bewohnern.
So brütet etwa der Neuntöter nur in breiten Hecken, während
er schmale, beschnittene Hecken meidet.
* Hecken wichtig für das Mikroklima sind? Sie vermindern die Austrocknung
der Böden im Umfeld, weil sie den Wind und die Sonneneinstrahlung
reduzieren.
* Hecken mehrere hundert Jahre alt werden können? Weil sie sich
immer wieder selbst regenerieren.
* der Wert einer Hecke steigt, wenn sie an eine Wiese oder Weide grenzt,
v.a. wenn dieses Grünland extensiv bewirtschaftet - also nicht
gedüngt, gespritzt und nicht 3-5mal im Jahr gemäht wird?
* das Anpflanzen von Hecken häufig sinnvoller ist als Baumpflanzungen?
Weil Hecken bereits nach 5-10 Jahren schon dicht und breit sind, während
Obst- und andere Bäume ihre wahre ökologische Qualität
erst viel später - nach 70-100 Jahren- erreichen.

Hecken mit einem Saum aus Blütenpflanzen und Gräsern sind
Oasen der Vielfalt. Etwa 1.000 Tierarten leben hier
Was
kreucht und fleucht in Hecken?
Straucharten und ihrer
Bewohner
Salweide: 213 Insektenarten
Weißdorn: 163
Schlehe: 137
Haselnuss: 112
Wildrose: 103
Holunder: 15
Amphibien und
Reptilien
Grasfrosch
Erdkröte
Feuersalamander
Bergmolch
Zauneidechse
Berg- oder Waldeidechse
Blindschleiche |
Früher häufig, heute extrem
rar - die Blindschleiche. Wenn Hecken
maschinell weggefräst oder Straßensäume gemulcht
werden, verlieren
sie nicht nur ihren Lebensraum, häufig werden sie dabei auch
getötet.
(Chr. Venne)
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Vögel (nur Brutvögel)
Goldammer
Bluthänfling
Grünfink
Neuntöter
Turteltaube
Heckenbraunelle
Dorngrasmücke
Mönchsgrasmücke
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Gelbspötter
Zilpzalp
Amsel
Singdrossel
Rotkehlchen
Zaunkönig
Klappergrasmücke
Gartengrasmücke |

Die Dorngrasmücke braucht Hecken
und extensiv genutzte Flächen in der Umgebung.
(Foto: Jostbernd Brock)
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Säugetiere
(Auswahl)
Feldhase
Igel
Hermelin
Mauswiesel
Feldspitzmaus
Verschiedene Mausarten
Fuchs
Steinmarder |
Feldhasen finden in Hecken Schutz und
an den Säumen auch die
Kräuter, die in der Agrarlandschaft nicht mehr wachsen.
(Chr. Venne)
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Solche bunten Säume gibt es nur noch sehr selten bei uns. Sie sind
echte Insektenoasen.
Mythos
Ausgleichsmaßnahmen
„Aber wir machen ja Ersatzpflanzungen!“
Dieser Satz ist häufig
zu hören oder lesen, wenn es um zerstörte Landschaft geht.
Aber was bedeutet das eigentlich? Wird da tatsächlich „ausgeglichen“?
Bei Eingriffen in die Natur sind rechtlich häufig „Ausgleichsmaßnahmen“
vorgeschrieben. Das klingt zunächst mal gut. Da gibt es Naturzerstörung
und die wird ausgeglichen. Doch in den meisten Fällen klingt das
aber nur so, ist es aber nicht. Häufig sind diese Ersatzmaßnahmen
kein Ersatz, sondern eher ein Trick, Naturzerstörung zu legalisieren.
Die häufigsten Ersatzmaßnahmen bei uns ist das Anpflanzen
junger Bäume, v.a. Obstbäume. Doch tatsächlich wertvoll
werden diese Bäume erst im Alter, mit 50-100 Jahren. Alte Bäume
sind reich an natürlichen Höhlen, Totholzbereichen und Ritzen
in denen viele Arten Platz finden. Dagegen ist z.B. ein junger Apfelbaum
die ersten 30-40 Jahre meist „rank und schlank“ und vergleichsweise
artenarm. Wenn also in 2017 z.B. eine Obstbaumreihe gepflanzt wird,
ist sie erst etwa 2090 ökologisch und landschaftlich richtig wertvoll.
Und machen wir uns nichts vor: viele der angepflanzten Bäume erreichen
nie ein hohes Alter, sie werden irgendwann beseitigt, weil sie irgendwem
im Weg sind.
Erst im Alter sind Bäume besonders wertvoll (links).
Ersatzpflanzungen als Ausgleich für
Windkraftanlangen nahe Atteln. Heckenpflanzungen wären hier viel
sinnvoller.
Pflanzt Hecken!
Bei den Ausgleichsmaßnahmen sollten die zuständigen Behörden
beim Kreis viel häufiger Heckenpflanzungen verfügen, statt
Bäume pflanzen zu lassen. Hecken sind in etwa 10 Jahren bereits
ökologisch äußerst wirksam, Bäume brauchen 70-100
Jahre. Außerdem bieten Hecken deutlich mehr Arten einen Lebensraum,
weil er auch Arten Schutz bietet, die am Boden leben, etwa Igel, Feldhase,
Blindschleiche, Erdkröte, Rebhuhn, Käfer und Co.
Die letzten Hecken in unserer Landschaft sollten unbedingt erhalten
werden und wo immer möglich sollten neue angelegt werden. Dann
hätte auch der Neuntöter sowie weitere 1.000 Arten wieder
eine Chance bei uns.
Foto rechts: Jostbernd Brock.

Hecken verbessern die Lebensbedingungen auch für Rebhühner.
Sie
finden hier Schutz, Insekten und Sämereien. Chr. Venne
3 von 150 Falterarten,
die Hecken brauchen:
Faulbaumbläuling, Zitronenfalter und Nierenfleck-Zipfelfalter (Chr.
Venne)

Fragebogen
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